Sonntag, 5. November 2017

Logik und Vorstellung.


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- schon die Kleinsten beherrschen sie

Verena Müller 
03.11.2017 14:21 
Eine der wichtigsten Fähigkeiten unseres Gehirns ist es, aus wenigen Daten allgemeine Schlussfolgerungen über unsere Umgebung zu ziehen, um so möglichst viele Unsicherheiten zu vermeiden. Dafür schätzt es ständig ab, wie wahrscheinlich ein Ereignis ist und erkennt so Regelmäßigkeiten. Als Erwachsene haben wir dadurch eine grobe Vorstellung über die Wahrscheinlichkeit verschiedener Geschehnisse. Bisher war jedoch unklar, ab welchem Alter wir in der Lage sind, Wahrscheinlichkeiten einzuschätzen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig haben nun gezeigt: Bereits sechs Monate alte Babys haben ein Gefühl für Wahrscheinlichkeiten.

Ein Leben lang müssen wir immer wieder Entscheidungen treffen und dabei Wahrscheinlichkeiten gegeneinander abwägen. Indem wir lernen einzuschätzen, welches Ereignis wahrscheinlicher eintritt als ein anderes, werden wir besser darin, Risiken abzuschätzen und entsprechend daran unser Handeln auszurichten. Doch in welchem Alter beginnen wir, ein Gefühl für die Stochastik von Geschehnissen zu entwickeln? Sind etwa schon Babys dazu in der Lage?

Wissenschaftlerinnen des Max-Planck-Instituts für Kognitions- und Neurowissenschaften (MPI CBS) in Leipzig und der Universität Uppsala, Schweden, haben nun herausgefunden, dass bereits sechs Monate alte Babys Wahrscheinlichkeiten bewerten können. Den Kleinen gelingt es bereits aus einer Menge aus blauen und gelben Bällen herauszufiltern, welche Farbe die häufigere und damit diejenige ist, die mit größerer Wahrscheinlichkeit gezogen wird. „Die Fähigkeit, Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen, scheint sich etwa im Alter von sechs Monaten herauszubilden“, so Ezgi Kayhan, Neurowissenschaftlerin am MPI CBS und Leiterin der zugrundeliegenden Studie. In einer früheren Studie konnten vier Monate alte Babys diese Aufgabe noch nicht lösen. Sie scheinen daher noch nicht sensibel für Wahrscheinlichkeiten zu sein.

Untersucht haben die Neurowissenschaftler diese Zusammenhänge mithilfe animierter Filme, die sie insgesamt 75 Babys im Alter von sechs, zwölf und 18 Monaten zeigten. Darin zu sehen war eine Maschine, gefüllt mit einer Menge Bälle, viele davon waren blau, wenige gelb – ähnlich einer Lottomaschine. Diese spuckte in einen Korb viele der hauptsächlich vorhandenen blauen Bälle. In einen anderen hingegen viele der kaum enthaltenen gelben Bälle. Dass die Maschine einen gelben statt eines blauen Balls ausspuckt, war dabei 625 Mal unwahrscheinlicher. Dieser zweite Behälter voller gelber Bälle spiegelte damit ein Ereignis wider, dass nur mit einer extrem geringen Wahrscheinlichkeit auftritt.

Während die Babys die Kurzfilme sahen, beobachteten die Forscher mithilfe der sogenannten Eyetracking-Methode, auf welche der beiden Körbe die kleinen Probanden länger schauten – die wahrscheinlichere oder die unwahrscheinlichere. „Wir haben festgestellt, dass die Babys, egal welcher Altersklasse, länger auf die unwahrscheinlichere Variante schauten als auf die andere. Vermutlich waren sie erstaunt darüber, dass sie vor allem aus den nur sehr wenig vorhandenen gelben Bällen bestand, sie also ein sehr unwahrscheinliches Ereignis war.“ Um sicherzustellen, dass die Kleinen sich nicht nur mehr zu der gelben Farbe hingezogen fühlten, drehten die Wissenschaftlerinnen in einigen der Versuche die Häufigkeiten beider Farben um oder verwendeten grüne und rote Bälle.

„Prinzipiell gab es bereits einige Studien dazu, ob Kleinkinder dazu in der Lage sind, Wahrscheinlichkeiten abzuschätzen. Wir waren jedoch die ersten, die die Grenzen dieser frühen Fähigkeit untersuchten“, erklärt Kayhan. Dazu testeten sie und ihr Team, ob es einen Unterschied macht, wie klar der Unterschied zwischen der wahrscheinlichen und der unwahrscheinlichen Variante auf den ersten Blick zu erkennen ist.

Und tatsächlich: Als die Forscher das Verhältnis aus blauen und gelben Kugeln und damit die Wahrscheinlichkeiten, eine der beiden Farben zu ziehen, veränderten, änderten sich auch die Blicke der Kleinen. War es nun lediglich neunfach wahrscheinlicher, dass die Maschine eine blaue statt einer gelben Kugel ausspuckte, schauten die kleinen Studienteilnehmer plötzlich länger auf die wahrscheinlichere Variante, den Korb mit vorrangig blauen Bällen.

„Diese Beobachtung war für uns sehr überraschend. Eine Erklärung dafür könnte es, dass mit steigendem Schwierigkeitsgrad auch die Informationen für die Kleinen ab einem bestimmten Level zu komplex wurden. Aus früheren Studien wissen wir, dass Babys sich in den Fällen auf ihnen bekannte Objekte oder Zusammenhänge konzentrieren, in denen sie nicht genügend Zeit haben, neue und komplexe Informationen zu verarbeiten“, sagt Kayhan. „Sobald sie dann auch diese entschlüsselt haben, können sie sich neuen Dingen widmen.“ Unabhängig von einer möglichen Erklärung wurde den Wissenschaftlerinnen anhand der Ergebnisse vor allem eines klar: Die Fähigkeit der Kleinen, mit Wahrscheinlichkeiten umzugehen, hängt nicht nur von ihrem Alter, sondern auch vom Verhältnis zwischen einem wahrscheinlichen und unwahrscheinlichen Ereignis ab.

http://www.cbs.mpg.de/Wahrscheinlichkeitsrechnung-Schon-die-Kleinsten-beherrsche...


Nota. - Ist das die ganze Ausbeute: dass Wahrscheinlichkeit eine Sache des Verhältnisses ist?! In der Logik wird zwischen Notwendigkeit, Möglichkeit und Unmöglichkeit unterschieden. Doch Logik ist Menschen- werk und wird erst nach und nach mitgeteilt - aber fix und fertig, nämlich von den Erwachsenen. Oft, selten, immer, nie sind dagegen Vorstellungen, die jedes Individuum aus eigenem Erleben formt. Wobei 'immer' ein Selbstverständliches wird, das mit der Zeit an die Grenze der Wahrnehmbarkeit rückt - obwohl es doch viel öfter geschieht als das Seltene und daher größeren Einfluss aufs Leben haben mag als jenes. Vorstellen und begreifen sind nicht nur zweierlei, sondern können auch in Gegensatz zu einander geraten...
JE

 

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